Vermittlungskonzept

Präambel – Das Museum als lebendiger Ort der Geschichte

 

Das Nordwestdeutsche Museum für IndustrieKultur umfasst das Fabrikmuseum Delmenhorst, das Stadtmuseum Delmenhorst sowie die Museumsmühle Hasbergen. Die beiden erstgenannten Museen befinden sich inmitten eines der großen Industriedenkmale Europas, auf dem Gelände der ehemaligen Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei, deren Geschichte auch Thema der Dauerausstellung des Fabrikmuseums ist. Dabei bildet die Präsentation der Stadtgeschichte den Rahmen für die Ausstellung im Fabrikmuseum. In den beiden Häusern soll so vor allem exemplarisch am Beispiel Delmenhorst die Industrialisierung in Nordwestdeutschland nachvollziehbar gemacht werden, wobei das umfangreiche Gelände in die Dokumentation integriert ist. Hier verschmilzt regionale Stadtgeschichte mit allgemeiner Wirtschafts-, Technik-, Sozial- und Kulturgeschichte. Mit dem genannten Schwerpunkt und als Museum der Arbeit mit sozialgeschichtlichem Ansatz ist das Museum das wichtigste seiner Art im Nordwesten der Bundesrepublik.

 

Die Museumsmühle Hasbergen präsentiert mit einer vielfältigen Sammlung neben der wechselvollen Geschichte der Mühle auch das traditionelle Handwerk des Müllers.

 

Aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunkte in den Museen wird den Besuchern ein vielseitiges Themenspektrum geboten. Damit Geschichte erfahr- und begreifbar werden kann, ist die Arbeit der Abteilung Bildung und Vermittlung ein wichtiger Schwerpunkt im Nordwestdeutschen Museum für IndustrieKultur.

 

Inhalte und Ziele der Vermittlung

 

Das Nordwestdeutsche Museum für IndustrieKultur hat sich zum Ziel gesetzt, sich als lebendiger Ort für Geschichte, gerade auch für Familien weiter zu entwickeln. Es definiert sich als ein Lern- und Erfahrungsort, an dem sich das Vermittlungsangebot auf die Inhalte rund um das Themenspektrum der drei Häuser fokussiert.

 

In allen Museen stehen die Besucher*innen im Mittelpunkt der Arbeit der Abteilung Bildung und Vermittlung.

 

Ziel ist es für alle Generationen ein lebendiger Ort des Lernens und Erlebens historischer Zusammenhänge zu sein und möglichst allen Menschen barrierefreie, niedrigschwellige, sinnliche, intellektuelle und soziale Zugänge zu ermöglichen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der aktiven Teilhabe der Besucher:Innen. Basis dafür ist ein sensibler Umgang mit den unterschiedlichen Gästen, sowie eine sich beständig flektierende und weiterentwickelnde Vermittlungsarbeit.

 

Die Museen sind gleichermaßen Identifikationsort für ehemalige Industriearbeiter:Innen und die Bevölkerung Delmenhorsts. Die Abteilung Bildung und Vermittlung ist deshalb bestrebt, noch stärker die persönlichen (Familien-)Geschichten, Arbeitserfahrungen und das (technische) Fachwissen zu dokumentieren. Darüber hinaus sollen durch gezielte Kooperationen und Projekte, die dem Museum inhaltlich verbundenen Besucher Teile der Ausstellung mitgestalten.

 

Gerade die Lebens- und Arbeitserfahrungen der Menschen mit Migrationsgeschichte, die oftmals im Zuge der Arbeitsmigration ab den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts nach Delmenhorst kamen und das (städtische) Leben entscheidend prägten, sollen in Zukunft wieder stärker für eine Zusammenarbeit mit den Museen gewonnen werden. Als Zeitzeugen und Zeitzeuginnen sind ihre Berichte bedeutende und spannende Quellen für zukünftige Vermittlungsformate.

 

Das Fabrikmuseum ist durch die Dauerausstellung zur Geschichte der ehemaligen Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei AG in vielen Schulbüchern als außerschulischer Lernort empfohlen. Schüler:Innen stehen deshalb besonders im Fokus der musealen Vermittlungsarbeit. Durch entdeckendes, forschendes Lernen und selbsttätig gewonnene Erfahrungen zielen die Angebote darauf ab die Kinder und Jugendlichen zu befähigen die vom Museum angebotenen Inhalte miteinander zu verknüpfen und ihre Bedeutung für die eigene Lebenswelt und Zukunft zu erkennen. Dabei sehen sich alle Teammitglieder:Innen der Abteilung Bildung und Vermittlung verpflichtet die Expertise der Schüler:Innen ernst zu nehmen und offen gegenüber sich so entwickelnden überraschenden, neuen Sichtweisen und Zugängen zu den Museumsinhalten zu sein.

 

Wichtigstes Entwicklungsziel der Vermittlung ist es die Ausstellungen facettenreich zu gestalten und möglichst vielschichtige, inklusive Zugänge zu schaffen. Gerade Besucher:Innen, die ohne eine gebuchte Führung die Museen besuchen, soll so ein vielgestaltiger, anregender und unterhaltsamer Besuch ermöglicht werden, der zum Wiederkommen einlädt. Für Familien ist ein besonderes Angebot zu entwickeln, das Kinder unterschiedlichen Alters einbindet und ein gemeinsames, intergeneratives Erlebnis ausgewählter Inhalte des Museums ermöglicht.


Ein weiteres wichtiges Ziel der Vermittlungsarbeit der Museen ist es bisher durch Drittmittel finanzierte Angebote, die sich an Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Stadtteilen richten und auf einen interessanten (Erst-)Kontakt mit den Museumsinhalten zielen auch im regulären Programm zu verstetigen.

 

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandelns möchte das Nordwestdeutsche Museum für IndustrieKultur zukünftig verstärkt Formate für ältere Gäste entwickeln. Dabei geht es darum nicht nur einen Museumsbesuch vor Ort attraktiv zu gestalten, sondern darüber hinaus aufsuchende Vermittlungsarbeit z.B. in Tagespflegeeinrichtungen zu ermöglichen.

 

Im Zuge der angestrebten Neueinrichtung der Museen gilt es die Gestaltung der Dauerausstellung unter inklusiven Gesichtspunkten zu modernisieren. Dazu gehört ein klares Besucherleitsystem durch die Häuser, ein professionell gestalteter Geländeplan, auf dem die Text-Bild-Tafeln und ein möglicher Rundgang gekennzeichnet sind, sowie gut lesbare Texttafeln und Einzelbeschriftungen. Als Ankerpunkt der Route für Industriekultur (ERIH) und im Hinblick auf Touristen, soll eine Beschriftung in Deutsch und Englisch umgesetzt werden.

 

Im Fokus der Vermittlung steht darüber hinaus die Einrichtung interaktiver Stationen, an denen Gäste z.B. komplexe Verarbeitungstechniken durch eigenständiges Tun im wahrsten Sinne „begreifen“ können. Auch digitale Angebote, wie z.B. ein Audioguide mit speziellen Tonspuren für unterschiedliche Besuchergruppen sollen zum Standard werden.

 

Der Service, transportable Sitzgelegenheiten in die Ausstellung mitzunehmen, sollte um feste Ruhezonen erweitert werden, die zum Verweilen, aber auch zur inhaltlichen Vertiefung durch ausgewählte Publikationen und Kataloge einladen.

 

Zielgruppen

 

Im Sinne der Inklusion richtet sich das Museum mit seinen Angeboten an möglichst alle Menschen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf: Delmenhorster:Innen, Schüler:Innen aller Klassenstufen, Kindern und Jugendlichen, Familien, Senior:Innen, Menschen mit Migrationsgeschichte, Menschen mit Beeinträchtigungen und ehemalige Nordwolle-Beschäftigten, wobei die Vermittlung letztgenannte wieder verstärkt gewinnen möchte.

 

Methoden der Vermittlung (personale und mediale)

 

Die personale Vermittlung wird zum überwiegenden Teil von freien Mitarbeitern durchgeführt. Bei Führungen im Museum und über das Gelände des Industriedenkmals geben sie vielfältige Einblicke in die wechselvolle Geschichte der ehemaligen Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei und Produktionsabläufen, die Stadtgeschichte Delmenhorst, sowie den Inhalten der zahlreichen Sonderausstellungen. Ein besonderes Angebot ist die regelmäßig stattfindende Führung mit einem ehemaligen Nordwolle-Beschäftigten, der neben Fakten vor allem auch persönliche Lebens- und Arbeitserfahrungen vermittelt.

 

Neben den Führungen bietet das Vermittlungsprogramm ein umfangreiches Workshop-Angebot für Schulklassen und Kindergruppen, die sich zu gleichen Teilen aus einer Führung und einem praktischen Teil zusammensetzt. Themen sind hier z.B. Filzen, Seife herstellen, Dampfboote bauen, Modellbau von Burgen, Wappenkunde und Bau eines Ritterschildes aus Sperrholz, sowie spielerisches Erleben des Alltags vor 100 Jahren mit Wäschewaschen, historische Spiele spielen etc.

 

Durch eine Begrenzung der Teilnehmerzahl auf max. 20 Personen, bei Schulklassen sind es meist 12 Schüler:Innen pro Teilgruppe, soll eine möglichst persönliche Kommunikationssituation geschaffen werden, die Raum für Fragen und ggf. auch Besucher:Innen-Erzählungen lässt. Gerade bei Vermittlungsangeboten für Schulklassen bedingt die spielerische Herangehensweise, bei der Anfassen und Ausprobieren unbedingt erwünscht und erlaubt sind die kleinen Gruppen.

 

Die klassischen Vermittlungsangebote werden ergänzt durch Gesprächskreise, Vorträge, themenbezogene Sonderveranstaltungen und Mitmach-Aktionen.

 

Begleitende Veranstaltungsprogramme

 

Für Kinder ab sechs Jahren gibt es ganzjährig ein offenes monatliches Angebot mit dem Titel „WolleKidZ“, das sich thematisch an Inhalten des Museums, Jubiläen oder aktuellen Sonderausstellungen orientiert. Ähnlich wie bei den Workshops setzt sich „WolleKidZ“ aus einer spielerischen Führung durchs Museum und einem praktischen Teil zusammen.

 

In den Schulferien, bietet das Museum „Ferienspiele“ an, die an den Museumsthemen orientiert sind und ebenfalls einen hohen praktischen Anteil haben.

 

Darüber hinaus ist es möglich alle Workshops auch als Kindergeburtstage zu buchen. Um die Kinder entsprechend gut bei den praktischen Arbeiten unterstützen zu können, ist die Teilnehmer:Innenzahl hier auf max. 15 Kinder begrenzt.

 

Seit 2014 werden einzelne Projekte im Rahmen von KULTUR MACHT STARK und dem Förderprogramm der MuseobilBOX gefördert und ermöglichen eine gezielte Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus dem an das Museum angrenzenden Wolleparks. Viele der Kinder haben eine Migrationsgeschichte und sind oft sozial- und bildungsbenachteiligt.

 

Über das Jahr verteilt gibt es zudem eine Reihe von musealen Events, die von der Abteilung Bildung und Vermittlung mit Aktionen begleitet werden. Dazu gehören der internationale Museumstag, der Tag des offenen Denkmals und das Museumsfest. Des Weiteren ist das Nordwestdeutsche Museum für IndustrieKultur durch gezielte Angebote wie spezifische Themenführungen oder Kinderaktionen auf Veranstaltungen in der Stadt oder von Kooperationspartnern präsent. Hierzu gehören bisher der Gartentag, die Messe handmade, das Delmenhorster Stadtfest, das Kartoffelfest, der Tag der Kulturen und der Tag der Alten.

 

Kooperation mit anderen Bildungs- und Kultureinrichtungen

 

Die Abteilung Bildung und Vermittlung des Nordwestdeutschen Museums für IndustrieKultur ist Kooperationspartner von anderen Bildungs- und Kultureinrichtungen. Hier sind zu nennen, der Förderkreis Industriemuseum Delmenhorst e.V. (F.I.D.), der Heimatverein Delmenhorst e.V., das Jugendhaus Sachsenstraße (Hütte), das Nachbarschaftszentrum Wollepark, die Volkshochschule Delmenhorst, das Max-Plank-Gymnasium Delmenhorst, die Grundschule Parkschule Delmenhorst, sowie ortsansässigen Künstler, z.B. Jürgen Knapp und ortsansässigen Vereine z.B. der Bogensport Delmenhorst e.V.

 

Finanzielle und personelle Ressourcen

 

Die Finanzierung der Abteilung Bildung und Vermittlung des Nordwestdeutschen Museums für IndustrieKultur wird getragen durch Mittel der Stadt Delmenhorst, projektbezogene Drittmittel und Spenden.

 

Das Personal der Abteilung besteht derzeit aus einer angestellten Kulturpädagogin mit einer vollen Stelle und 15 Honorarkräften die sich aus Studierenden (u.a. Geschichte, Kulturwissenschaft, Modedesign) ehemaligen Lehrer:Innen (Geschichte, Politik, textiles Gestalten), Gästeführer:Innen der Stadt Delmenhorst, einer Restauratorin, einer Künstlerin, sowie ehemalig Beschäftigten der Nordwolle zusammensetzen. Das Team verfügt dadurch über vielfältige Expertisen die Vermittlungsprogramm interdisziplinär bereichern.

 

Evaluation der Vermittlungsarbeit

 

Ein im Kassenbereich ausgelegtes Gästebuch ermöglicht es, einen ersten Eindruck von der Akzeptanz und Qualität der Angebote zu erhalten. Spezifische und detaillierte Informationen können aus den Fragebögen ermittelt werden, die nach Führungen und Workshops an Lehrkräfte, sowie nach Kindergeburtstagen an Eltern ausgegeben werden. Diese enthalten Fragen zur Beratung und Anmeldemodalitäten, der Ankommens-Situation im Museum, Häufigkeit der Museumsbesuche, Titel, inhaltliche Erwartungen und den zeitlichen Rahmen, die Ansprache und den Einbezug der Schüler:Innen, die wahrgenommene Kompetenz der Führungskraft, sowie Anregungen und Anmerkungen.

 

Direkte Gespräche, unregelmäßige spontane Bewertungen durch Schüler:innen und Teilnehmer:innen an Führungen und Workshops oder gezielt eingeholtes Feedback durch die Blitzlichtmethode oder anonyme schriftliche Bewertungen ergänzen die Evaluation der Vermittlungsarbeit.

 

 

Kontakt:

E-Mail: nordwollemuseen(at)web.de

Instagram: nordwollemuseen.delmenhorst

 

Diese Internetseite wurde vom Förderkreis Industriemuseum Delmenhorst e.V. erstellt.