Unternehmerfamilie Lahusen

Christoph Friedrich Lahusen

   Johann Carl Lahusen        Georg Carl Lahusen 

Martin Christian Leberecht Lahusen (1820-1898) 

Fabrik in Neudeck 

Carl Lahusen (1858-1921) 

Delmenhorster Werk um 1912 

rechts: Georg Carl Lahusen 

(1888-1973) 

Stammbaum der lahusens

Die Fabrikbesitzer:

1. Generation

Christoph Friedrich Lahusen (1781-1866) Adelheid Ordemann (1790-1869) 

 

2. Generation

als 4. von 9 Kindern: Martin Christian Leberecht Fürchtegott Lahusen (1820-1898) Anna Gebecka Meier (1824-1893) 

 

3. Generation

als 8. von 9 Kindern: Johann Carl Lahusen (1858-1921) Armine Mathias (1867-1919) 

 

4. Generation

als 1., 5. u. 8. von 9 Kindern 

Georg Carl, Heinz und Friedel Lahusen

1888-1973, 1894-1943, 1900-1961 

Eine Bremer Kaufmannsfamilie

Christoph Friedrich Lahusen aus Berne ließ sich nach einer Lehre und mehreren Auslandsaufenthalten als Unternehmer in Bremen nieder. Er gründete die Firma C. F. Lahusen, seinen Wohn- und Geschäftssitz hatte er in der Aschenburg" an der Schlachte, also direkt an der Weser. 

 

Die Kinder der Familie Lahusen wurden streng und im christlichen Sinne erzogen. Viele Söhne erhielten ihre berufliche Ausbildung innerhalb der Firma, zahlreiche Familienfeste dienten dem Zusammenhalt der weitverzweigten Verwandtschaft. Durch Heirat und Freundschaft bestanden viele wirtschaftliche und gesellschaftliche Verflechtungen mit angesehenen Bremer Kaufmannsfamilien. 

 

Sein Sohn Martin Christian erhielt eine kaufmännische Ausbildung in Bremen und Braunschweig, worauf ein längerer Aufenthalt in England folgte. 1846 heiratete er Anna Gebecka Meier aus einer angesehenen Bremer Familie und trat als Teilhaber in die väterliche Firma ein. Nachdem sich der Vater 1854 zur Ruhe gesetzt hatte, war Martin Christian Lahusen Alleininhaber der Fabrik. Seit dem expandierte er umsichtig. 

 

Durch verwandtschaftliche Beziehungen angeregt, baute er das Südamerikageschäft aus und kaufte in Argentinien und Uruguay Ländereien für die Schafzucht. Seine Firma engagierte sich immer mehr im Überseehandel mit Wolle, er besaß sogar eigene Schiffe und Lagerschuppen in Bremen. 

Vom Handel zur Industrie

Von besonderer Bedeutung für die weitere Entwicklung des Unternehmens, war der Kauf einer in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Wollkämmerei in Neudek in Böhmen. Der Ausbau des Unternehmens zum Industriebetrieb gestaltete sich schwer, denn die Anlagen in Neudek mussten modernisiert werden und es fehlte die nötige Erfahrung auf diesem Gebiet. Nach anfänglichen Schwierigkeiten entwickelte sich die Fabrik in Neudek erfolgreich. Dies bewog Martin Christian Lahusen, in Delmenhorst eine weitere Produktionsstätte zu errichten, in günstiger Lage an der Bahnlinie Bremen-Oldenburg und an der Delme. 1884 wurde die Norddeutsche Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei" gegründet, welche für Delmenhorst ein entscheidender Schritt für den Wandel von der Ackerbürger- hin zur Industriestadt war. 

 

Schon bald fanden hier Tausende Menschen aus Osteuropa und den östlichen Teilen des damaligen deutschen Kaiserreiches Arbeit, als auch eine neue Heimat. 

Fabrikherrschaft

Martin Christian Leberecht Lahusens Söhne Gustav und Carl wurden Vorstandsmitglieder, Carl bezog die Villa auf dem Delmenhorster Fabrikgelände und prägte, nach dem Ausscheiden seines Bruders Gustav, das Bild der Firma bis zu seinem Tode 1921. 

 

Carl baute die Firma zum Konzern aus, 1913 waren 10.000 Mitarbeiter:Innen beschäftigt, davon im Werk Delmenhorst ca. 3.000. Wenn auch zunehmend fremdes Aktienkapital eine Rolle spielte, so bestimmte doch die Familie Lahusen die Geschicke der NW&K. 

 

Der Erste Weltkrieg unterbrach die Entwicklung, doch nach den Schwierigkeiten der ersten Nachkriegsjahre wurde die erfolgreiche Erweiterungspolitik fortgesetzt. 

 

Viele Angestellte und Arbeiter:Innen wohnten in unmittelbarer Nähe der Produktionsstätten, zwischen ihnen gab es jedoch eine hierarchische Trennung. Der riesige Park an der Fabrikantenvilla war nur der Familie des Firmeninhabers zugänglich. Carl Lahusen führte im Betrieb und in der Familie ein patriarchalisches Regiment. Er sah sich in der Firma nicht als Direktor einer Aktiengesellschaft, sondern als Fabrikherr, welcher sich für das sittliche und materielle Wohl seiner Untergebenen verantwortlich fühlte. 

 

Die Lahusens waren sehr religiös. Dies verdeutlicht noch heute der Psalm über der Tür der Fabrikantenvilla: 

„Wo der Herr nicht das Haus bauet, so arbeiten umsonst, die daran bauen." 

Eine Stadt in der Stadt

Das Fabrikgelände, ein geschlossenes Areal mit vielen wirtschaftlichen und sozialen Einrichtungen, war quasi eine Stadt in der Stadt". Die vielfältigen Sozialeinrichtungen wurden in der damaligen Zeit häufig gelobt, später jedoch auch als Mittel zur Fesselung der Arbeiter an den Betrieb kritisiert. Bereits beim Bau der Anlagen in Delmenhorst wurden Wohnheime und Werkswohnungen errichtet, es gab einen eigenen Geistlichen, ein Erholungsheim, ein Krankenhaus und eine Badeanstalt. 

 

Manche der gemeinnützigen Einrichtungen gehen auf den Einfluss von Carl Lahusens Ehefrau Armine zurück. Sie entstammte einer englischen Pastorenfamilie und kannte aus ihrer Heimat bereits das mit der Industriearbeit verbundene soziale Elend, dass es trotz zahlreicher Missstände bei den Beschäftigten der NW&K in dieser ausgeprägten Form nicht gegeben hat. 

 

Aus ihrem Heimatland führte sie auch das Hockeyspiel in Delmenhorst ein. Das Mädchenwohnheim und die Häuser in der Heimstraße erinnern mit ihren Stilelementen heute noch an die englische Herkunft von Armine Lahusen. 

Glanz und Niedergang

1920 trat mit Georg Carl Lahusen die nächste Generation in die Geschäftsleitung der Firma ein. Das Unternehmen vergrößerte sich von 12.000 auf 28.000 Mitarbeiter, gleichzeitig wurden die einzelnen Betriebe rationalisiert und zentralisiert. Die Konzernverwaltung, das heutige Finanzamt (Haus des Reichs) in Bremen, wurde gebaut und in Hohehorst bei Bremen entstand der Wohnsitz des Firmenchefs. Das schlossartige Anwesen mit 107 Zimmern verfügte über eine kostbare Innenausstattung und moderne Technik. Der riesige Park wurde ständig von 80 Arbeiter:Innen gepflegt. 

 

Georg Carl Lahusen war im Januar 1931 Präses (Gremiumsvorsitzender) der Handelskammer Bremen geworden, gleichzeitig saß er in den Aufsichtsräten wichtiger Unternehmen (Danatbank, Norddeutscher Lloyd) und wirkte in vielen Gremien mit. 

 

Über Jahre hatte der Konzern finanzielle Verluste erlitten, der Wollpreis fiel und die Lagerbestände mehrten sich. Mit als Gewinnen ausgewiesenen Verlusten täuschten sie die Öffentlichkeit. Schließlich kam es am 21. Juli 1931 zum Zusammenbruch des Nordwolle Konzerns. Der Konkurs des bedeutenden Unternehmens mit seinen weltweit gestreuten Beteiligungen erregte großes Aufsehen. Georg Carl Lahusen und seine Brüder Heinz und Friedel wurden verhaftet. 

 

Der Prozess fand unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit 1933 in Bremen statt. Georg Carl Lahusen wurde wegen Bilanzverschleierung und Untreue zusammen mit seinem Bruder Heinz zu Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt. Damit war der Einfluss der Familie Lahusen auf die Geschicke der späteren Nordwolle beendet. 

Argentinien

Christian Lahusen, der spätere Gründer der Nordwolle, war im Jahre 1853 nach Argentinien gereist und hatte damit bereits den Grundstein für eine Verbindung der Familie Lahusen zu diesem Land gelegt. 

 

Er erwarb Ländereien, beschäftigte sich mit der Schafzucht und begründete die Firma Lahusen y Cia Ltda, die sich zum größten Wollexporthaus Argentiniens entwickelte. 

 

Mehrere Familienmitglieder hielten sich dann im Südamerikanischem Unternehmen auf, etwa Johannes Christian Lahusen. 1892 als vierter Sohn Carl Lahusens geboren wurde. Nachdem auch er in der NW&K gearbeitet hatte, trat er 1919 in die Firma Lahusen Cia ein. 1939 übernahm er nach dem Tod seines Vetters die Firmenleitung. Er war Vorsitzender der La-Plata-Synode und begründete die Deutsche Handelskammer in Buenos Aires. 


 

Kontakt:

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